WIE KANN MUSIK BEI DER PERSÖNLICHKEITS-ENTWICKLUNG HELFEN?

Ich suche nach einem Song aus Anatevka, weil eine Kollegin nach einem Duett für Sopran und Bass fragt. Aatevka ist eines meiner Lieblingsmusicals, seit ich ca. 14/15 bin. Damals wurde es von einer höheren Klasse an meiner Schule von einer Englishklasse performed und I cought on fire, quasi sofort. Ich besorgte mir die Noten in der Bücherei und sang quasi Tag und Nacht die Lieder die die kleine Community von Anatevka ausmachen.

Beim Googlen blieb ich an dem Song „Sunrise, Sunset“ hängen. Auch einer meiner Lieblinge. Und mir schossen die Tränen in die Augen. Wie so oft bei den Songs von Anatevka, war ich schnell berührt. Ich weiss nicht wie es dir geht, aber oft frage ich mich, warum reagiere ich auf bestimmte Musik, so wie ich reagiere? Bei „Sunrise Sunset“ wurde es mir plötzlich klar:

Vater Tevje, der Bass und die Hauptrolle des Stücks, ein liebevoller, fürsorglicher Vater der all seine Töchter liebt und auch den Song „Do you love me“ beginnt, er berührte mich, aber warum? Und warum „Sunrise, Sunset“? Jetzt wurde mir schlagartig klar, dass ich mit diesem Lied quasi in die Elternrolle schlüpfte. Ich war zwar maximal 14/15 aber ich nutzte das Lied als Vehikel eine Lücke zu füllen, die so sehr gefüllt werden wollte. Und heute fühle ich mit der teenage Julia mit.

In diesem Lied, singen u.a. Mutter und Vater darüber, wie schnell die Kinder gross werden, was aus ihnen wird, wie man sie loslassen muss und wie schwer das ist, vom Anfang des Lebens und vom Ende, das Erstaunt sein, wie die jetzt Brautleute ja mal kleine Kinder waren, wie man nicht mitkriegt, wie man älter wird, wann wurde das Mädchen zu einer Schönheit und wann wurde er so groß? War es nicht erst gestern, als sie klein waren? Dass die Tage so schnell vergehen, dass das Saatgut über Nacht zu Sonnenblumen wird und blüht, während wir staunen, wie die Tage schnell verfliegen, wie eine Jahreszeit der anderen folgt, all das gefüllt mit Freude und Tränen. Welche Worte der Weisheit, fragt sich der Vater, kann er ihnen mitgeben? Wie kann er ihnen den Weg erleichtern?

Im Teenageralter konnte ich die Tiefe und die Komplexität dieser Beobachtungen nur schwer nachvollziehen, zumindest nicht kognitiv, verbal. Aber die Musik half mir es zu fühlen und etwas zu betrauern und zu leben, was ich weder verbalisieren konnte, noch überhaupt ansatzweise erahnen konnte. Heute kenne ich das Gefühl, zuzugucken, wenn Kinder gross werden, zu denken „ich selbst bin eigentlich fast noch ein Teenager“ wie konnten sie soll schnell erwachsen werden. Dieses Staunen und das Begreifen, kommt mit dem älter Werden. Mit dem Abstand, mit der Erfahrung. Und gleichzeitig kann Musik eben genau diese Lücke überbrücken. Es kann uns alles was wir brauchen, fühlen lassen. Selbst wenn wir es alleine, ohne die Musik nicht könnten.

Wir müssen dazu auch nicht musik-historisch oder musik-theoretisch ein Stück, einen Song analysieren können. Überhaupt nicht. Wir müssen nur Horchen und das was uns berührt wie in einer Schatztruhe bewahren, vielleicht in einer Playlist, oder in einer CD oder einer Schallplatte.  Ganz egal, Hauptsache wir nutzen dieses Tor in unsere Seele, in unsere Gefühlswelt und lernen sie kennen, lernen uns damit kennen. Machen und schaffen Platz für diese Momente. Wir dürfen zulassen zu fühlen, was die Musik in uns auslöst. Wir müssen es nicht gleich verstehen. Erstmal dürfen wir fühlen.

Also egal ob wir bislang nur eine Playlist hatten die super zum Tanzen ist, weil wir gute Laune Mugge brauchen um aus einem Tief zu kommen, oder wir sonst nur nach Genre unterteilen:

ich glaube, wer seelisch wachsen will, der:die darf eine persönliche „cry whenever“, „cry while everything“, „be real“, „BIG emotions“ Playlist haben (Namen sind natürch persönlich passend zu geben, das waren nur Beispiele).

Wir hören und fühlen dann die Lieder und irgendwann darf der Groschen fallen. So erlangen wir Erkenntnisse über uns, intime Erkenntnisse. Musik als Reflexionsmittel, als Seelentröster und Erkenntnisvehikel sozusagen.

Musik kann also neben der Hilfe bei der emotionalen Selbstregulation auch ein Erkenntnistor sein. Wenn wir hinhören, auch wenn es weh tut. Meine Erfahrung ist, dass wenn wir solche Erkenntnisse haben, dass dann auch Heilung der emotionalen Wunde geschehen darf. Hinschauen, hin fühlen und hinhören sind hier Dreh und Angelpunkt.

Auch das kann eine Form der Schattenarbeit sein.

Wenn Du dich angesprochen fühlst von meinem Blogartikel und persönliche Begleitung im Thema Persönlichkeitsentwicklung suchst, meld dich gerne bei mir: ich biete Coaching im Zusammenhang mit Stimme, Hilfe bei Stimm- & Sinnkrisen. Ich bin angewandte Stimmphysiologigin, Lichtenberger®Stimmpädagogin, Coach mit Spezialisierung in den Bereichen somatische Körperarbeit, Vagus- & Traumaorientiert. Meld dich gerne für eine Schnupperstunde oder ein erstes Gespräch. Ich freu mich dir zu helfen!

💕Julia Döbele

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen